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Lili Elbe (1882-1931)

3 - Lili Elbe Garten, Haus der Kulturen der Welt,

John-Foster-Dulles-Allee 10, Berlin-Tiergarten

Audio-Beitrag muss noch erstellt weden (work in progress)

Lili Elbe war eine dänische Malerin, die als Einar Wegener* aufwuchs und künstlerisch erfolgreich wurde. Sie begann in Kopenhagen ihre weibliche Geschlechtsidentität zu entdecken und lebte später in Paris als Lili. Sie kam für die geschlechtsangleichende Operation nach Berlin und Dresden und war die vermutlich die 4. Personen, die sich einer geschlechtsangleichenden Operation mit Bildung einer Vagina unterzog. Leider verstarb sie an Komplikationen der 4. Operation in Dresden. Bekannt wird ihre Geschichte besonders durch den Film „The Danish Girl“.

(dieser Text ist auch im Audio-Clip zu hören)

Lili Elbe wurde am 28. Dezember 1882 in Dänemark als Einar Wegener geboren. Sie studierte Kunst in Kopenhagen, wo sie ihre spätere Ehefrau Gerda Gottlieb kennenlernte. Als Einar Wegener war Lili Elbe eine erfolgreiche Malerin, die Landschaften, Stillleben und Porträts schuf.

Elbes Weg zur Entdeckung ihrer Geschlechtsidentität begann in ihrer Zeit in Kopenhagen, wo sie unter Freund*innen die Möglichkeit nutzte Frauenkleindung zu tragen. Während dieser Zeit erkannte Elbe, dass sie sich als Frau identifizierte. 1912 zogen die beiden nach Paris und Lili lebte dort zeitweise offen als Frau unter dem Namen Lili. Verzweifelt über ihre Situation beschloss sie im Mai 1929, sich das Leben zu nehmen, sollte sie binnen zwölf Monaten keine Hilfe finden. Doch dann konnte sie die Transition in Berlin beginnen und verfasste auf dem Weg dorthin bereits ihren Nachruf : „Der Maler Einar Wegener ist tot. Er starb im Zug zwischen Paris und Berlin.“

Am 1. März 1930 kam Lili in Berlin an und traf im Institut für Sexualwissenschaft Felix Abraham zu ersten Untersuchungen. Die drauf folgende mehrstündige psychologische Beurteilung durch Magnus Hirschfeld empfindet sie als „Spießrutenlaufen der Seele“.

Auf einem Sparziergang an diesem Abend mit ihrem Freund Poul sagte er zu ihr „im Grunde bist du doch ein seltsamer Bursche. Heute Abend benimmst du dich wie ein waschechter Kerl, und morgen wirst du dir vielleicht bescheinigen lassen, dass ich dich künftig als Dame werde behandeln müssen. Wenn ich dich so ansehe, so will mir kaum in den Kopf, dass all das mit rechten Dingen zugegangen sein kann … Aber vielleicht haben wirklich von Anfang an nicht nur im goetheschen Sinn zwei Seelen in deiner Brust gewohnt, sondern zwei Wesen, zwei ganze Wesen … “ Einar sah ihn ruhig an, „Ich verstehe deine Gedankengänge. Es ist schwer, aus dieser Wandlung klug zu werden, schwer für mich, um wie viel schwerer also für andere. Und das Seltsamste bei allem ist, dass jedes Wesen in mir, glaub es, in seinem Gefühlsleben gesund und, glaub es mir, völlig normal ist.“

Am 4. März 1930 führte Erwin Gorhbandt im Urban Krankenhaus die Entfernung der Hoden durch. Darauf folgten zwei Operationen in der Frauenklinik Dresden unter der Leitung von Kurt Warnekros.

Nach ihrer Transition änderte Elbe ihren Namen und ihre Ehe mit Gerda wurde annulliert, aber die beiden blieben enge Freunde.

Tragischerweise verstarb Lili Elbe am 13. September 1931 in Dresden an Komplikationen nach ihrer vierten Operation.

Lili Elbe schrieb Tagebuch und wünschte sich deren Veröffentlichung. „Ich wollte, dass, wenn ich selber nicht mehr bin, mein tristes Liebesbuch meine Hinterlassenschaft sein würde, … dass dieses Buch gelesen werden würde … oh, Sie ahnen nicht, was für eine letzte Genugtuung dies für mich sein würde.“

Lili Elbes Geschichte wurde posthum 1932 auf Basis ihrer Tagesbücher veröffentlicht. Jedoch ist der Wahrheitsgehalt des Buches aufgrund einer komplexen Entstehungsgeschichte zu hinterfragen. In verschiedenen Ausgaben in unterschiedlichen Sprachen sind deutlich Unterschiede erkennbar und zeigen den Einfluss verschiedener Autor*innen. Aus diesem Werk und dem späteren Buch und Film „The Danish Girl“ entstanden Narrative, die vermutlich nicht ganz stimmen.

Lilis Formulierungen aus dem Tagesbuchs scheinen aus heutiger Sicht fast homophob. Es wird angenommen dass posthum die Autor*innen das Werk an die Leserschaft der 1930 Jahre und einem cis-heteronormativem Umfeld angepasst haben. Das Aufbrechen binärer Geschlechtsvorstellungen oder gar das Thematisieren gleichgeschlechtliches Liebe hielt man damals vermutlich für zu gewagt für die gängigen gesellschaftlichen oder religiösen Ansichten des Publikums oder vielleicht befürchtete man dies sei hinderlich für den Buchverkauf.

Aus den Memoiren entstammt auch das Narrativ, dass Lili bei der Transplantation einer Gebärmutter gestorben wäre. Die ist vermutlich nicht richtig, wofür es mehrere Hinweise gibt. Lili war zum Zeitpunkt der Operation 48 Jahre alt und die näherliegende Operation ist die Erstellung einer künstliche Vagina. Dies war vorher schon bei Dora Richter erfolgreich geschehen. Vielleicht hat das Narrativ den Hintergrund, dass es statthafter war eine Operation für Reproduktionszwecke durchzuführen als für sexuelles Empfinden oder Identität.

Die häufig zitierte Anekdote aus Buch und Film, dass Lili für ihre Frau Gerda als weibliches Modell posierte und dadurch erkannte, dass sie sich als Frau identifizierte, ist nicht belegbar und eher unplausibel.

Des weiteren hält sich das Narrativ, das Lili intergeschlechtlich gewesen sein könnte. Es wird heute vermutet, dass dies vermutlich der Strategie geschuldet war, eine rechtliche Anerkennung als Frau zu erreichen, was bei intergeschlechtlichen Personen wahrscheinlicher war.

Häufig wird Lili auch als erste Frau erwähnt, die eine geschlechtsangleichende Operation erhielt. Dies ist auch in ihrem Tagebuch so formuliert, allerdings wird Dora Richter schon 1923 operiert und sie erhält die vollständige Angleichung mir künstlicher Vagina bereits im März 1930, damit ein Jahr vor Lili Elbe.

Trotz der vermuteten Umschreibungen ihrer Aufzeichnungen wurde Lili die Genugtuung gewährt, das ihre Geschichte bekannt wurde. Lili Elbe gilt als Pionierin der trans* Bewegung und ihre Geschichte hat dazu beigetragen, das Bewusstsein für die Herausforderungen von trans* Personen zu schärfen. „Ich kämpfe gegen die Voreingenommenheit des Spießbürgers, der in mir ein Phänomen, eine Abnormität sucht. Wie ich jetzt bin, so bin ich eine ganz gewöhnliche Frau.“

Lili Elbe wurde in Dresden auf dem Trinitatisfriedhof beerdigt. Das Grab wurde 1960er Jahren eingeebnet und 2016 wiedereingerichtet.

Bildergalerie Lili Elbe

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Weiterführende Links & Quellen:

Hinweis Begrifflichkeiten:

* Lili Elbe schreibt in ich ihren Memoiren und Briefen von den zwei Persönlichkeiten Lili und Einar, die sie in sich trägt. Von daher verwendet dieser Text auch deutlich den Klarnamen von Einar Wegener und respektiert damit beide Persönlichkeiten, so wie Lili dies auch selber getan hat.

Die in den Texten verwenden Begriffe, werden teilweise so verwendet, wie sie zur Zeit der queeren Held*innen üblich waren, wie zum Beispiel das Wort „Transvestit“, welches als Selbstbezeichnung von einigen Personen gewählt wurde. Dies würden wir heute viel differenzierter ausdrücken, unter anderem als Trans*, Crossdresser, Draq King, Draq Queen, Gender-nonkonform oder nicht binär. Sofern möglich, werden die Bezeichnungen gewählt, die die Person für sich (vermutlich) gewählt hatten, jedoch wissen wir teilweise nicht, wie sich die Personen selbst bezeichnet haben oder wie sie sich mit dem heutigen Wortschatz beschreiben würden.

Zudem wird auch das Wort „Queer“ verwendet, welches zur Zeit der meisten beschriebenen queeren Held*innen noch gar nicht existierte. Dennoch ist es heute das passendste Wort, um inklusive alle die zu bezeichnen, die nicht der heterosexuellen-cis-Mehrheit entsprechen.

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