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Fritz Flato (1895-1949)

02 - Gedenktafel M. Hirschfeld & Institut für Sexualwissenschaft

Bettina-von-Arnim-Ufer, Berlin-Tiergarten

Audio-Beitrag muss noch erstellt weden (work in progress)

Dr. Fritz Flato war ein jüdischer Rechtsanwalt und Aktivist für Homosexuellenrechte in der Weimarer Republik. Als Mitglied des WhK setzte er sich für die Abschaffung des § 175 und die Meinungsfreiheit ein, indem er Homosexuelle und Verlage in Zensurverfahren vor Gericht verteidigte. Flato bot auch kostenlose Rechtsberatung an. Nachdem er nicht mehr als Anwalt arbeiten durfte, emigrierte er 1935 nach New York.

(dieser Text ist auch im Audio-Clip zu hören)

Fritz Flato wurde am 4. Januar 1895 in Berlin geboren. Er stammte aus einer jüdischen Familie und wuchs in der Kommandantenstraße 63-64 auf.  Er studierte Jura in Breslau und ließ sich 1925 in seinem Elternhaus als Rechtsanwalt und Notar nieder.

Dr. Fritz Flato lebte relativ offen schwul, eine mutige Haltung zu jener Zeit. Flato verteidigte mutig Homosexuelle vor Gericht, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung angeklagt waren. Er setzte sich auch für die Meinungsfreiheit ein, indem er Verlage und Autoren in Zensurverfahren vertrat. So verteidigte er 1927 den Radszuweit-Verlag, der die lesbische Zeitschrift „Die Freundin“ herausgab, vor dem Vorwurf, „Schund- und Schmutzliteratur“ zu produzieren. Flato argumentierte, die Zeitschrift sei ein harmloses Blättchen … „sauber und einwandfrei“ und die Aufnahme in die Liste für Schund- und Schmutzschriften würde auf die Unterdrückung einer sexuellen Minderheit hinauslaufen.

Seit Anfang der 1920er Jahre engagierte Flato im Wissenschaftlich-humanitären Komitee (WhK), der ersten Homosexuellenorganisation der Welt. Er war ab 1930 Vorstandsmitglied für Rechtsangelegenheiten und bot in seiner Kanzlei jeden Mittwoch von 18 bis 19 Uhr kostenlose Rechtsberatung an.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 bedeutete das Ende dieser relativen Freiheit. Flato war einer der wenigen jüdischen Anwälte die zunächst noch zugelassen blieben, vermutlich aufgrund seiner freiwilligen Kriegsteilnahme im 1. Weltkrieg.

Fritz Flato engagierte sich während dessen KZ-Internierung für den Aktivisten und WhK-Vorstand Kurt Hiller. Als Hiller 1933 zum dritten Mal verhaftet und in das Konzentrationslager gebracht wurde, setzte sich Flato für dessen Freilassung ein. Trotz der zunehmenden Gefahren für jüdische Anwälte reichte Flato mehrere Eingaben bei der Gestapo ein. In seinen Memoiren erinnerte sich Hiller später dankbar: „Auf die soundsovielte Eingabe meines Anwalts Dr. Flato, welcher, obwohl Jude, zu jener Zeit noch amtieren durfte, weil er die Rettungsmedaille besaß […] erkundigt sich die Gestapo bei der Lagerleitung Oranienburg nach dem Grad meiner ‚Entlassungsreife‘ und nach meinem Gesundheitszustand.“

Flatos beharrliches Engagement trug schließlich dazu bei, dass Hiller 1934 aus dem KZ Oranienburg entlassen wurde. Dieses mutige Eintreten für seinen Freund und Kollegen, trotz der persönlichen Risiken in der Anfangsphase des NS-Regimes, unterstreicht Flatos Integrität und Zivilcourage.

1935 wurde ihm das Notariat und die Rechtsanwaltszulassung aberkannt und im Dezember sah er sich zur Emigration nach New York gezwungen.

Über Fritz Flatos Beziehungsleben dürfen wir annehmen, dass er Anfang der 1930 Jahren eine sexuelle Beziehung zu Benjamin Hartwig unterhielt, der damals 21 Jahre war und durch einen sportlichen Körper zu beeindrucken wusste. Die beiden bleiben auch nach Flatos Gang ins Exil in Kontakt und Hartwig unterstützte in der Nachkriegszeit die Familien Flato bei der Beantragung von Wiedergutmachung.

Im Exil konnte Flato nicht an seine beruflichen Erfolge in Berlin anknüpfen. Sein deutsches Jurastudium wurde in den USA nicht anerkannt. 1945 bewarb er sich, um für die amerikanische Regierung an den Nürnberger Prozessen teilzunehmen. Die Ablehnung war für Flato ein schwerer Schlag.

In Deutschland wollte er nicht mehr leben: „Ich verspüre keinerlei Wunsch, nach Deutschland zurückzukehren“, schrieb er 1945 an Kurt Hiller. „Es wird noch auf Generationen hinaus die Spuren des Gifts aufweisen.“

Der Verlust seiner Heimat und die fehlende berufliche Perspektive belasteten ihn schwer. Im Mai 1949 setzte Fritz Flato in New York seinem Leben selbst ein Ende.

Heute erinnert eine Gedenkstele in der Kommandantenstraße 62 an Fritz Flato und sein Wirken.

Bildergalerie Fritz Flato

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Weiterführende Links & Quellen:

Hinweis Begrifflichkeiten:

Die in den Texten verwenden Begriffe, werden teilweise so verwendet, wie sie zur Zeit der queeren Held*innen üblich waren, wie zum Beispiel das Wort „Transvestit“, welches als Selbstbezeichnung von einigen Personen gewählt wurde. Dies würden wir heute viel differenzierter ausdrücken, unter anderem als Trans*, Crossdresser, Draq King, Draq Queen, Gender-nonkonform oder nicht binär. Sofern möglich, werden die Bezeichnungen gewählt, die die Person für sich (vermutlich) gewählt hatten, jedoch wissen wir teilweise nicht, wie sich die Personen selbst bezeichnet haben oder wie sie sich mit dem heutigen Wortschatz beschreiben würden.

Zudem wird auch das Wort „Queer“ verwendet, welches zur Zeit der meisten beschriebenen queeren Held*innen noch gar nicht existierte. Dennoch ist es heute das passendste Wort, um inklusive alle die zu bezeichnen, die nicht der heterosexuellen-cis-Mehrheit entsprechen.

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