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2 - Gedenkstele für Magnus Hirschfeld & das Institut für Sexualwissenschaft

Bettina-von-Arnim-Ufer, Berlin-Tiergarten

Dieser Audio-Beitrag ist noch nicht die finale Version. Die Text-Version darunter ist bereits aktualisiert.

Christopher Isherwood war ein britisch-amerikanischer Schriftsteller, der vor allem für seine Berlin-Romane bekannt ist, die Vorlage für das weltberühmte Musical „Cabaret“ mit Liza Minelli in der Hauptrolle. Ab 1929 genoss er die sexuelle Freiheit und die lebendige Kulturszene Berlins. Er wohnte sowohl im Institut für Sexualwissenschaft als auch im Nollendorfkiez. Nachdem er ab 1933 längere Zeit erfolglos für seinen Lebensgefährten Heinz in verschiedenen Ländern versucht hatte, ein Visum zu erlangen, emigrierte er 1939 in die USA.

(dieser Text ist auch im Audio-Clip zu hören)

Christopher Isherwood kam 1929 „because of the boys“ aus dem repressiven England ins damals verheißungsvoll mondäne Berlin. „Berlin bedeutet Jungs. Ein Traum für Schwule“ – das ruft der junge Wystan Hugh Auden seinem Freund Christopher Isherwood zu. Bald darauf zogen die beiden nach Berlin. Beide waren junge britische Schriftsteller der Oberklasse und konnten in Berlin leben ohne mit der Schriftstellerei Geld verdienen zu müssen. Isherwood wurde von seinem schwulen Onkel finanziert. Gemeinsam mit Freunden waren die beiden eine Clique junger schwuler Engländer auf der Suche nach sexueller Freiheit. Sie faszinierte das wilde queere Nachtleben der Stadt. Es war ganz anders als das repressive London, so stürzten sie sich in die homosexuellen Clubs und Bars der Stadt.

Isherwood verewigte seine Berliner Zeit später literarisch in den Büchern „Leb wohl Berlin“ und “Mr. Norris steigt um”, woraus später das Broadway Musical und der Film Cabaret wurde, mit Liza Minelli in der Hauptrolle und mit 8 Oskars dekoriert. Das Besondere dieser Bücher ist, wie Isherwood den steigenden Einfluss der Nazis im täglichen Leben der Berliner*innen beschreibt. Dass Isherwood aus Sicht eines schwulen Charakters schreibt, kann man nur zwischen den Zeilen lesen.

Christopher Isherwood wohnte zunächst als Untermieter der Schwester Magnus Hirschfelds am Institut für Sexualwissenschaft. So war er auch bei Magnus Hirschfeld und den anderen aus dem Institut gut bekannt. 1930 zog er hier in das Haus in der Nollendorfstraße 17 ein. Seine Mitbewohnerin war Jean Ross, eine Cabaret-Sängerin, die zur Inspiration für die Figur der Sally Bowles wurde und von Liza Minnelli im Musical „Cabaret“ verkörpert wurde.

Isherwood Lieblingskneipe war das Cosy Corner. Es lag in der Zossener Straße 7, südlich des Halleschen Tores. Eine schmuddelige Stricherkneipe, in dem „immer ein halbes Dutzend Jungs herumlungerten und Bier tranken“. Zwischen 1929 und 1933 war Isherwood von dieser Kneipe und ihren Besuchern nahezu besessen. Er schwärmte in London und Paris von ihr, schrieb über das Cosy Corner und machte es zur ersten Anlaufstelle für seine schwulen Freunde auf Berlin-Besuch. So trug er zum Ruhm Berlins als erster Weltmetropole der Schwulen und Lesben bei.

Im März 1932 lernte er seinen Lebensgefährten, den 17-jährigen Heinz Neddermeyer kennen. Mit ihm verließ er 1933 nach der Machtergreifung der Nazis Berlin und reiste durch viele Länder Europas, immer mit Absicht ein Visum für Heinz zu bekommen und dessen Einberufung ins Militär damit zu verhindern. Sie lebten in Griechenland, London, Marokko, den Kanaren, in Portugal, Brüssel, Amsterdam und Kopenhagen. Schließlich mussten sie es aufgeben, ein Visum zu erlangen. Heinz kehrte zurück nach Deutschland, wurde eingezogen, aber er überlebte den Krieg. Isherwood emigrierte 1939 nach Kalifornien.

Dort lernte Christopher Isherwood 1953 den 30 Jahre jüngeren Künstler Don Bachardy kennen. Sie führten eine bemerkenswerte, 33 Jahre andauernde Liebesbeziehung, die bis zu Isherwoods Tod im Jahr 1986 anhielt.

Wystan Hugh Auden heiratete 1935 Erika Mann, die Tochter von Thomas Mann um ihr zu einem englischen Reisepass zu verhelfen und das Land verlassen zu können. Auden, Isherwood und die gesamte Mann-Familie waren gut befreundet.

Seine Berliner Jahre verarbeitete er 1976 in dem Buch „Christopher und die Seinen“, eine autobiographische Darstellung seiner Berliner Jahre, in denen er, anders als in den vorherigen Büchern, explizit auf sein schwules Leben eingeht. Bekannt geworden als Hollywood Film ist auch sein Buch „der Einzelgänger“ / (A Single Man), das 2010 von Tom Ford verfilmt wurde mit Colin Firth und Julian Moore in den Hauptrollen.  

Isherwood verstarb 1986 im Alter von 82 Jahren in Kalifornien als einer der bekanntesten englischsprachigen Autoren seiner Zeit.

Bildergalerie Christopher Isherwood

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Weiterführende Links & Quellen:

Hinweis Begrifflichkeiten:

Die in den Texten verwenden Begriffe, werden teilweise so verwendet, wie sie zur Zeit der queeren Held*innen üblich waren, wie zum Beispiel das Wort „Transvestit“, welches als Selbstbezeichnung von einigen Personen gewählt wurde. Dies würden wir heute viel differenzierter ausdrücken, unter anderem als Trans*, Crossdresser, Draq King, Draq Queen, Gender-nonkonform oder nicht binär. Sofern möglich, werden die Bezeichnungen gewählt, die die Person für sich (vermutlich) gewählt hatten, jedoch wissen wir teilweise nicht, wie sich die Personen selbst bezeichnet haben oder wie sie sich mit dem heutigen Wortschatz beschreiben würden.

Zudem wird auch das Wort „Queer“ verwendet, welches zur Zeit der meisten beschriebenen queeren Held*innen noch gar nicht existierte. Dennoch ist es heute das passendste Wort, um inklusiv alle die zu bezeichnen, die nicht der heterosexuellen-cis-Mehrheit entsprechen.

Ein Projekt von Rafael Nasemann angegliedert an die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V., Berlin
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